Caral

Caral mit seinen Stufenpyramiden ist die älteste bekannte Stadtsiedlung auf dem amerikanischen Kontinent. Sie liegt 150 km nördlich von Lima, auf dem Wüstenplateau im Tal des meist ausgetrockneten Rio Supe und gilt als die Wiege der Zivilisation in Südamerika, und ist insofern gleichgestellt mit Ägypten oder Mesopotamien. Caral war eingebunden in ein Netzwerk von städtischen Siedlungen, die im 3. Jahrtausend v. Chr. im Tal des Río Supe entstanden. Bislang wurden die Ruinen von 25 Orten entdeckt, die allesamt ähnliche Strukturen aufzeigen. Die erst 1994 wieder entdeckten Ruinen auf dem Wüstenplateau im Supe-Flusstal wurden etwa um 2600 v. Chr. erschaffen. Das gesamte Supe-Tal ist von Bewässerungskanälen durchzogen und ermöglichte so den Anbau von landwirtschaftlichen Produkten wie Kartoffeln, Maniok, Chili, Bohnen, Kürbis, Guave und Avocados. Auch Überreste des Annattostrauchs und Cocasamen wurden gefunden. Der Anbau von Getreide konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Des weiteren fanden sich auch Fischgräten, Schneckenhäuser und Muscheln von Tieren, die auch im Amazonasgebiet jenseits der Anden vorkommen. Was auf einen regen Fernhandel schließen lässt. In der Blütezeit lebten bis zu 3000 Menschen in Caral. Die Stadt erstreckt sich über 66 Hektar, das sind 660 000 Quadratmeter. Die wichtigsten Kultbauten stehen in der Oberstadt, etwa die „Große Pyramide“, mit einem Umfang von 170 mal 150 Metern und 30 Meter Höhe.  Sie wird durch sechs flache, gestufte ebenfalls pyramidenförmige Erhebungen begrenzt. Die größte ist 160 m lang, 150 m breit und 18 m hoch.

 Am Eingang der Pyramide befinden sich zwei 3,50 m hohe Monolithe aus Granit. Wie diese tonnenschweren Figuren an diesen Ort gelangten, und aus welchem Steinbuch sie stammen, bleibt ein Geheimnis. Die kleinste Pyramide ist ca. 60 m lang, 45 m breit und hat eine Höhe von 10 m. Innerhalb des von den Pyramiden gebildeten Rings liegt ein kreisrunder, abgesenkter Hof, indem 32 aus den Knochen von Pelikanen und Kondoren geschnitzte Flöten und 37 aus Hirsch–und Lamaknochen hergestellte Hörner gefunden wurden. Vom Hof aus stiegen die Priester über eine steinerne Freitreppe sieben Terrassen empor zum Altar des Heiligen Feuers, der von Sitzreihen umgeben war. Die „Galerie-Pyramide“ daneben türmt sich mit 11 „ Etagen“ knapp 19 Meter hoch. Die Unterstadt  wird vom „Amphitheater“ beherrscht. Der „Tempel des runden Altars“, ebenfalls in der Unterstadt, ist die zweitgrößte Kultstätte in der Stadt. Insgesamt zählen 32 „öffentliche Bauten“ zum Kerngebiet von Caral. Skelette wurden nur wenige gefunden. Wehrmauern, Waffen, sonstige militärische Utensilien oder andere Hinweise auf kriegerische Auseinandersetzungen übrhaupt nicht. Ein Friedhof wurde bis jetzt auch nicht lokalisiert. Irgendwo muss in den 66 Hektar jedoch ein solcher liegen – aber wo? Der unterschiedlich aufwändige Stil der Gebäude lässt eine soziale Schichtung vermuten. Gab es einen Häuptling, einen König? Archäologische Belege dafür wurden bisher nicht gefunden. Keramik wurde auch nicht gefunden, kein einziges Stück, weder Kunst noch Kochtopf, aus gebranntem Ton. Die Leute von Caral konnten Ton demnach noch nicht zu Keramik transformieren. In der Galerie-Pyramide wurde ein geknotetes Fadenbündel aus farbigen Garnen und Knotenreihen gefunden, das mit 4900 Jahren, möglicherweise, der älteste Quipu überhaupt ist. Caral wurde um etwa 1600 v. Chr. von seinen Bewohnern verlassen. Sie begruben ihre Heimstatt planmäßig unter Unmengen von Sand, Geröll und Stein und zogen davon. Gründe dafür sind nicht bekannt. Offenbar wurden Caral und die übrigen Städte am Río Supe ungefähr zur gleichen Zeit ordentlich geräumt.

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