Die Brasilinsel

Die mythische Brasilinsel ist zwar auf Karten aus der Renaissance und der Frühen Neuzeit eingezeichnet, gehört aber zu den sogenannten Phantominseln. Sollte sie jemals existiert haben, ist sie wahrscheinlich infolge einer Seekatastrophe (Seebeben, Tsunami, etc.) untergegangen. Ihre genaue Lage wurde unterschiedlich dargestellt. Einmal soll sie westlich von Irland liegen, dann wieder vor Neufundland. Jedenfalls existiert der Brief eines britischen Agenten an Christoph Kolumbus , in welchem dieser im Jahr 1498 schrieb, bei dem Land, das der venezianische Seefahrer Giovanni Caboto im Auftrag Heinrichs VIII. von England entdeckt habe (Neufundland), handele es sich um die Brasilinsel. Der Legende nach war die Insel schwer aufzufinden, da sie oft völlig von Nebel umschlossen war und nur an einem Tag alle sieben Jahre sichtbar sei. Das mag stimmen, denn vor der Küste Neufundlands trifft der eisige Labradorstrom auf den wärmeren Golfstrom. Wenn die warme Luft über dem Golfstrom in den kalten Luftbereich über dem Labradorstrom gelangt, entstehen oft Nebelbänke. Der Name der Insel hat nichts mit dem gleichnamigen Land Brasilien zu tun. Ihr Name stammt aus dem Irischen von Uí Breasail (heißt Nachfahren des Breasal, die Bezeichnung eines Clans aus dem Nordosten Irlands). Der Name spricht eher für ihre Lage bei Irland. Ein weiteres Indiz dafür ist anno 1674 die Behauptung von Jon Nisbet, einem Kapitän aus Killybegs (Irland), er sei persönlich auf der Insel gewesen. Da aber kein eindeutiger Beweis für die Existenz der Insel erbracht werden konnte, wurde sie im Jahr 1865 endgültig aus den offiziellen Atlanten entfernt.

 Legenden besagen, dass die Insel eine fortschrittliche Zivilisation beherbergt haben soll, die mit anderen Kulturen nichts zu tun haben wollte. Die Insel wurde angeblich von keltischen Mönchen im sechsten Jahrhundert entdeckt. Die Mönche berichteten, dass dort alle Pflanzen blühen und alle Bäume Früchte tragen und die Insel ein Ort des Friedens und der Harmonie sei . Sie wurde damit zu einem Sehnsuchtsort für Europäer. Vielleicht war diese Insel ja der biblische Garten Eden aus dem Adam und Eva vertrieben wurden.

Die Meeresvulkane auf dem Unterwasser-Gebirgskamm zwischen Tonga und Neuseeland gelten als eine der aktivsten Vulkane auf der Erde. Der zum  Tonga-Archipel gehörende submarine Vulkan Home Reef erschafft in unregelmäßigen Abständen immer wieder neue kleine Vulkaninseln, die anschließend immer wieder der Erosion zum Opfer fallen. Am Home Reef tauchten seit Beginn erster Aufzeichnungen bereits viermal Inseln auf, 1852, 1857, 1984 und 2006, doch meistens hielten sie nur kurze Zeit. Die 2006 entstandene Insel bestand allerdings bis 2014.Im Dezember 2015 ist der Unterwasservulkan Home Reef erneut ausgebrochen und hat eine neue kleine Insel erschaffen. Satellitenaufnahmen der NASA zeigen einen geheimnisvollen grünen See und lange schwarze Lava-Strände. Die Zukunft des neuen vulkanischen Eilands ist aber ungewiss. Die Geburt einer neuen Insel, die länger als nur wenige Monate überlebt, ist ein vergleichsweise seltenes Ereignis. Aus den vergangenen 150 Jahren sind Wissenschaftlern nur drei bestätigte Fälle bekannt. Doch das kleine Eiland im Südpazifik schien dem Untergang zunächst zu trotzen.

Die über drei Kilometer lange Insel wuchs im Dezember 2015 während des Ausbruchs des Unterwasservulkans im Königreich Tonga aus dem Meeresboden empor. Die meisten Inseln mit einer vergleichbaren Genese werden binnen kurzer Zeit von Wind und Meer zerrieben. Diese Insel jedoch trotzte der Erosion. Eine Expedition besuchte im Jahr 2016 das Eiland. Tiere und Pflanzen hatten die neue Insel bereits erobert. Besondere Aufmerksamkeit der Forscher erregte allerdings der Boden weiter im Landesinneren. Da war überall Schlamm, der offenbar aus dem Trichter heraus gewaschen worden war. Das helle, Lehm-ähnliche Material aus dem Krater erwies sich zudem als äußerst klebrig. Wie dieser Schlamm entstanden ist, ist unbekannt. Er besteht jedenfalls nicht aus Asche. Bei einer weiteren gewaltigen Eruption Anfang 2022 verschwand die Insel wieder. Am 10. September 2022 begann ein neuer Ausbruch. Bis zum 25. September 2022 hatten die Lavaflüsse des Vulkans Home Reef erneut eine kleine Insel geschaffen.


Doch die Frage bleibt: Gibt es tatsächlich Inseln, die einfach auftauchen und wieder verschwinden. Die Antwort lautet JA. Es gibt verschiedene Arten, durch die Inseln entstehen können: von Unterwasservulkanen über Korallenriffe bis hin zum Ansteigen des Meeresspiegels. Die berühmten Atolle, der Südsee, z. B. haben einmal als Vulkan angefangen. Sobald der Vulkan erloschen ist, versinken die Inseln in der Regel wieder im Meer. Das Gewicht des Vulkans drückt den Ozeanboden ein und Erosion trägt den Vulkanberg ab.


Ein weiterer Beleg dafür, dass Inseln plötzlich auftauchen und wieder verschwinden können, ist Japan. Die subtropischen Ogasawara-Inseln, die ganz im Süden des japanischen Kaiserreiches im Pazifik liegen, haben, Zuwachs bekommen. Ungefähr 50 Kilometer des südlichsten Punktes trat  eine neue Insel aus den Fluten des Pazifiks hervor. Grund dafür ist ein Ausbruch des normalerweise komplett vom Wasser bedeckten Vulkans Fukutoku-Okanoba. Den zugrundeliegenden geologischen Prozess nennen Geoforscher eine surtseyanische Eruption. Das Besondere daran ist, dass der Vulkan nicht unter Wasser bleibt, wie normalerweise bei den sogenannten submarinen Eruptionen, sondern dass eine Vulkaninsel aufgebaut wird, die sich aus den Fluten erhebt. Vermutlich dürfte die neue Landmasse aber nicht allzu lange bestehen. In der Region hatten sich bereits in den Jahren 1904, 1914 und 1986 Inseln gebildet, die aber später allesamt binnen kürzester Zeit wieder verschwanden. Das Baumaterial der neuen Eilande, die  vulkanische Asche, hält Wind und Wellen im Ozean nicht lange stand. Doch nicht alle Inseln verschwinden wieder. Ein Beispiel ist die Insel Surtsey im Atlantischen Ozean, die etwa 30 Kilometer vor der Südküste Islands liegt. Die Insel Surtsey entstand durch einen Vulkanausbruch am 14. November 1963. Die Insel wuchs, bis der Vulkan im Juni 1967 erlosch.  Seit dem Ende der Eruptionen hat die Fläche der Insel durch Erosion zwar wieder abgenommen. Ein größeres Gebiet auf der südöstlichen Seite ist komplett verschwunden. Doch im Gegenzug dazu bildete sich an der Nordseite die Sandbank Norðurtangi (Nordpunkt), die die Insel wieder etwas vergrößerte. Surtsey ist ein typisches Beispiel für die Ansiedlung von Gründerpopulationen. Der sogenannte Gründereffekt beschreibt die genetische Abweichung einer isolierten Population oder Gründerpopulation (z. B. auf einer Insel) von der Stammpopulation (z. B. auf dem Festland). Der Gründereffekt kann in einigen Fällen z. B. durch adaptive Radiation (= die Auffächerung (Radiation) einer wenig spezialisierten Art in mehrere stärker spezialisierte Arten durch Herausbildung spezifischer Anpassungen (Adaptationen) an vorhandene Umweltverhältnisse)  zur Entstehung neuer Arten (Artbildung) führen. Das Phänomen der Gründerpopulationen konnte auch beim  HIV-1-Virus festgestellt werden. Hier kommt es zu einem stark ausgeprägten, wissenschaftlich noch nicht voll verstandenen Gründereffekt.

Aktuell sind auf der Insel Surtsey  51 dauerhaft angesiedelte Gefäßpflanzen sowie 75 Moose und 71 Flechten verzeichnet. Die Insel ist bis auf die steilen Palagonit-Hügel im Inneren komplett mit Pflanzen bedeckt. Die Vogelpopulation auf der Insel wächst auch ständig. Heute sind acht Arten auf der Insel heimisch, u.a. Möwen, Eissturmvögel,  Trottellummen und

Papageitaucher. Surtsey bietet mittlerweile auch einen Rastplatz für Zugvögel, wie Singschwäne, Gänse und Raben. Auch Kegelrobben und Seehunde haben sich auf Surtsey etabliert.  An Insekten wurden bisher über 300 verschiedene Arten registriert. Ein Großteil davon sind flugfähige Insekten, etwa 133 Fliegenarten. Außerdem sind 62 Milbenarten, 19 Arten von Schmetterlingen, zehn Spinnen-, fünf Käfer- und zwei Wurmarten nachgewiesen. Pro Jahr verkleinert sich die Insel um etwa 1 ha. Ein völliges Verschwinden der Insel in naher Zukunft ist jedoch unwahrscheinlich. Das bis heute erodierte Gebiet bestand größtenteils aus losen Pyroklastika, die leicht von Wind und Wellen weggetragen werden konnten. Geoforscher schätzen, dass die Insel etwa im Jahr 2120 ihr gesamtes loses Oberflächenmaterial verloren haben wird. Nur der harte Kern aus Palagonit mit einer Fläche von etwa 0,4 km² wird der Erosion länger widerstehen können.


Eine Insel, die auftaucht und spurlos verschwindet, soll es auch in der Inselgruppe der Kanaren geben. Die Legende der Insel San Borondón ist eine der bekanntesten auf den Kanaren. Offiziell besteht der Kanaren-Archipel aus sieben Hauptinseln. Doch es soll ein achtes Eiland geben, San Borondón auch genannt La Isla Mágica (= die magische Insel). Die Koordinaten der Insel  wurden in zahlreichen Seekarten festgeschrieben. Demnach findet sich die achte kanarische Insel exakt auf 29 Grad nördlicher und 5 Grad westlicher Breite des Meridians von El Hierro. Das ist westlich von La Palma. Gibt es die 8. Insel wirklich ? Alte Seefahrer-Karten lassen daran keinen Zweifel und renommierte Zeitzeugen bestätigen ihre Existenz. Die magische Insel wurde im Jahre 512 von dem irischen Mönch Saint Brendan entdeckt und  auf einer Seekarte verzeichnet. Auch der portugiesische Seefahrer Pedro Velho bestätigt die Existenz der Insel. Er will im Jahre 1570 nach einem Sturm auf San Borondón gestrandet sein. Bei den angeblichen  Sichtungen der Insel könnte es sich um eine optische Täuschung, eine Fata Morgana handeln, das heißt eine Luftspiegelung, die entsteht, wenn verschiedene Luftschichten mit unterschiedlicher Dichte vorhanden sind. In der Regel bei einer thermischen Inversion, die eine Brechung der Lichtstrahlen verursacht.


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