Der geheimnisvolle Wostoksee

Welche Geheimnisse verbirgt der Wostoksee in der Antarktis? Man weiß, dass es eine Reihe von Seen unter dem Eis der Antarktis gibt. Der Wostoksee ist mit einer Fläche von 15.690 km² der größte der bisher bekannten subglazialen Seen unter dem Eisschild der Antarktis. Der Süßwassersee ist 50 Kilometer breit, hat eine Wassertiefe von bis zu 1200 Metern und ein Volumen von 5.400 km³. Er liegt unterhalb der namensgebenden russischen Wostok-Station in einer Tiefe von 3700 bis 4100 Metern unter dem Eis und erstreckt sich von dort fast 250 Kilometer nach Norden. Das Alter des Eises wird auf 420.000 Jahre geschätzt. Der See hat eine Durchschnittstemperatur von −3 °C und ist nicht durchgefroren. Dieser Umstand ist auf den hohen Druck von etwa 35 bis 40 Megapascal unter der Eisdecke zurückzuführen. Dieser lässt den Gefrierpunkt von Wasser auf −2,7 °C bis −3,1 °C sinken. Über dem See liegt ein Gletscher, welcher Sedimente in ihn einbringt. Der Wostoksee ist ein extremer Lebensraum. Es herrscht vollkommene Dunkelheit und eine extrem niedrige Temperatur. Der Sauerstoffgehalt des Seewassers ist ungewöhnlich hoch, nämlich etwa 50 mal höher als in normalem Süßwasser.

Das ist zum einen auf den hohen Druck von 355 bar, zum anderen auf das Vorkommen von Klathraten, bei denen der gasförmige Sauerstoff in eine Eisstruktur eingelagert ist, zurückzuführen. Trotz dieser extremen Bedingungen scheint es im See Leben zu geben, wie Analysen von DNA- und RNA-Sequenzen zeigen. Am 6. Februar 2012 gelang es dem Arktischen und Antarktischen Forschungsinstitut aus Sankt Petersburg, von der Wostok-Forschungsstation aus mit einem Spezialbohrer die Seeoberfläche zu erreichen. Bei Untersuchungen von Eisproben aus 3563 bis 3621 Meter Tiefe, die von aus Seewasser entstandenem Akkretionseis stammen, fand sich Erbgut von tausenden verschiedenen Organismen. 94 Prozent davon konnten Bakterien und 6 Prozent den Eukaryoten, meist Pilze, zugeordnet werden. Nur zwei Sequenzen stammen von Archaeen. Da sich auch DNA von Parasiten fand, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass auch die Existenz von höheren, vielzelligen Tieren wie Würmern, Seeanemonen, Krebsen und sogar Fischen möglich sein könnte. Im April 2005 fanden deutsche, russische und japanische Forscher auch heraus, dass die Gezeitenkräfte von Sonne und Mond im See einen Tidenhub zwischen 1 und 2 Zentimeter bewirken. Die Gezeitenkräfte sollen eine für das Überleben von Mikroorganismen notwendige Strömung erzeugen. Analysen von Wasserproben ergaben jedoch bisher keine Funde von lebenden Organismen. Es wurde jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich in tieferen Wasserschichten Leben befindet.

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