Intelligenz

Bis heute sind sich Forscher/innen und Fachpersonen uneinig darüber, was genau Intelligenz ist und wie man diesen Begriff definieren kann. Allgemein wird unter Intelligenz die kognitive Leistungsfähigkeit sowie die Denkfähigkeit von Menschen verstanden. Kognitive Intelligenz umfasst dabei kognitive Prozesse und Funktionen wie die Sprache, das abstrakte Denken (z. B. das Problemlösen), die Aufmerksamkeit, die Handlungsplanung und die Wahrnehmungsfähigkeit. Dazu gehören Bewusstsein, Informationsverarbeitung und logisches Denken. Das Gedächtnis, genauer gesagt das Arbeitsgedächtnis, wird von der modernen Wissenschaft dabei als Quelle der Intelligenz angesehen. Als Grundlage aller Denk- und Handelsprozesse ist es für nahezu alle geistigen Fähigkeiten des Menschen verantwortlich.  Auch Tiere besitzen kognitive Fähigkeiten. Dazu gehören vielfältiger Werkzeuggebrauch, kausale und analoge Gedankengänge, Selbsterkennung und andere Fähigkeiten. Ein beliebtes Experiment zum Nachweis der Selbsterkennung ist der Spiegeltest. Dabei markiert man einen Bereich des Körpers, den das Tier selbst nicht sehen kann, und stellt ihm einen Spiegel zur Verfügung. Berührt es die Markierung an seinem Körper oder versucht gar, sie wegzureiben, lässt das darauf schließen, dass es das Gegenüber im Spiegel als Abbild seiner selbst erkennt. Diese Fähigkeit der Selbsterkennung, haben zahlreiche Tiere, wie zum, Beispiel große Menschenaffen Schimpansen. Orang-Utans, Gorillas, Delfine, Asiatische Elefanten, Rabenvögel, Tauben, Papageienvögel, Schweine oder Putzerfische. Kraken bzw. Oktopusse, die zu den intelligentesten wirbellosen Tieren zählen, bestehen den Test hingegen nicht. Weiterhin umstritten ist, welche Aussagekraft das Bestehen des Spiegeltests neben dem Nachweis von Selbstwahrnehmung zum Beispiel auch für ein Ichbewusstsein bei Tieren hat.

Die Forschung unterscheidet drei Stufen der Evolution des Denkens: individuelle Intentionalität1 bei den Menschenaffen sowie die gemeinsame Intentionalität bei den Frühmenschen und die kollektive Intentionalität beim modernen Menschen. Intentionalität bedeutet die selbstregulierende, kognitive Art und Weise des Umgangs mit Dingen. Der moderne Mensch denkt mittels geteilter Intentionalität, um zu kooperieren, während sich Menschenaffen größtenteils individualistisch verhalten. Die über symbolische Zeigegesten entstandene Sprache  ist dabei der Schlussstein der menschlichen Kognition und des Denkens.


Individuelle Intentionalität der Menschenaffen: Menschenaffen verfügen über drei Schlüsselkompetenzen des Denkens. Erstens über schematische, kognitive Repräsentation. Sie können sich damit zum Beispiel vorstellen und wissen, dass ein Leopard auf Bäume klettern kann.

Mit einer zweiten Schlüsselkompetenz können Menschenaffen nonverbale, kausale und intentionale Schlussfolgerungen ziehen. Ein bekanntes Experiment hierzu ist das Verstecken von Objekten hinter einer Sichtblende. Der Affe erwartet, es dort wiederzufinden. Wenn er sieht, wie es weggenommen und durch ein anderes ersetzt wird, erwartet er nicht mehr, es hinter der Sichtblende wiederzufinden. Ein weiteres Beispiel für solche kausalen Schlussfolgerungen ist auch, dass Menschenaffen die Ziele anderer Affen verstehen können. Als dritte Schlüsselkompetenz können Menschenaffen ihr Verhalten selbst beobachten, bzw. sie haben die Fähigkeit, das Ergebnis und auch die Elemente eines Entscheidungsprozesses zu überwachen. So wissen Sie etwa, wenn sie keine zureichenden Informationen haben, eine sachadäquate Verhaltensentscheidung zu treffen. Diese erste Form, die individuelle Intentionalität und instrumentelle Rationalität, haben Menschenaffen seit der Zeit ab der Abspaltung des heutigen Menschen vom gemeinsamen Vorfahr von Menschen und Schimpansen bis hin zu den Australopithecinen.


Gemeinsame Intentionalität der Frühmenschen: Frühmenschen und Menschen haben eine zweite und dritte Stufe komplexerer Kognition entwickelt, die als geteilte Intentionalität zusammengefasst wird. Hierunter fallen die gemeinsame Intentionalität und die kollektive Intentionalität. Bei gemeinsamer Intentionalität der Frühmenschen, die noch nicht über eine konventionelle Sprache verfügen, gibt es gemeinschaftliche Tätigkeiten, mit gemeinsamer Aufmerksamkeit und gemeinsamen Zielen, etwa Nahrungssuche, jedoch mit individuellen Rollen und Perspektiven. Die Frühmenschen entwickelten aus der individuellen Intentionalität der Menschenaffen durch Kooperation eine gemeinsame Intentionalität. Beteiligte haben jetzt ein Interesse daran, dem anderen dabei zu helfen, seine Rolle zu spielen. Dazu müssen sie ihn aber mit Informationen beliefern, die für ihn interessant sind. Vor der Entwicklung der Sprache erfolgte die Kommunikation über Gesten des Zeigens. Die Schlussfolgerungen solchen Denkens sind jetzt nicht mehr individuell, sondern sozial rekursiv, d. h. die Intentionen des Partners werden wechselweise und wiederholt reflektiert. Zu einer solchen kooperativen Denkform sind Menschenaffen nicht in der Lage. Sie treffen keine gemeinsamen Entscheidungen und können sie folglich auch nicht gemeinsam reflektieren.

 

Kollektive Intentionalität des Menschen: In der höchsten Stufe, der kollektiven Intentionalität, ist schließlich das kooperative Denken so weit entwickelt, als es in einer gruppenorientierten Kultur geschieht. Hier liegt die akkumulierte Weitergabe von Wissen und Fertigkeiten über Generationen hinweg vor. Im Gegensatz zum Menschen kennen Menschenaffen nicht das Motiv, andere über Dinge zu informieren oder Informationen mit ihnen zu teilen.  Dieses Motiv führt beim menschlichen Denken zum sogenannten Wagenheber-Effekt.  Beim Wagenheber-Effekt bleiben erfolgreiche kulturelle Anpassungen an lokale Bedingungen und Veränderungen generationenübergreifend erhalten, erfolglose Versuche hingegen sterben aus. Bei modernen Menschen ist der Wagenhebereffekt (siehe technische Evolution) weitaus stärker ausgeprägt als bei Frühmenschen und Menschenaffen. Geteilte Intentionalität wird als eine Key-Innovation in der Evolution gesehen. Als weitere evolutionäre Fähigkeit hat der Menschen außerdem als einziges Lebewesen ein ausgeprägt episodisches Gedächtnis, das es ihm ermöglicht, denkend Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft klar zuzuordnen und zwischen diesen zu unterscheiden.


Das Gehirn ist das Organ, das den Menschen ausmacht. Etwa fünf Prozent des Gehirns glaubt die Forschung bisher verstanden zu haben - an der Erforschung der restlichen 95 Prozent arbeiten sie weiterhin. Als ein möglicher Faktor, der Intelligenz ausmacht, galt lange die Größe des Gehirns. Großes Hirn = mehr Intelligenz – so lautete die gängige Hypothese. Diese Hypothese ist ebenso veraltet, wie die Theorie, dass die Intelligenz einzig und allein im präfrontalen Cortex – einem Teil des Großhirns an der Stirnseite unseres Gehirns – sitzt. Neueren Forschungsergebnissen zufolge ist Intelligenz zu etwa 50 bis 60 Prozent erblich. Andererseits ist unbekannt, welche Gene dafür verantwortlich sind. Gesichert ist aber, dass die Gene nur in einer spezifischen Weise über die menschliche Intelligenz bestimmen, nämlich nur im Zusammenspiel mit der Umwelt. Intelligenz ist ein Produkt aus Gen-Vererbung von beiden Elternteilen und der Umwelt (z.B. Bildung).

1) Intentionalität bedeutet die selbstregulierende, kognitive Art und Weise des Umgangs mit Dingen. Der moderne Mensch denkt mittels geteilter Intentionalität, um zu kooperieren, während sich Menschenaffen größtenteils individualistisch verhalten. Die über symbolische Zeigegesten entstandene Sprache ist dabei der bisherige Schlussstein der Entwicklung menschlichen kognitiven Denkens.

Share by: