Der Vogelzug

Alljährlich brechen Milliarden von Vögeln aus ihren Brut- und Überwinterungsgebieten auf und fliegen rund um den Erdball.


Die verschiedenen Vogelarten finden dabei auf unterschiedliche Weise ans Ziel. Bei manchen Arten folgen die Jungvögel einem angeborenen Orientierungssinn nach dem Kompass-Uhr-Prinzip, der ihnen die richtige Flugrichtung sowie die zurückgelegte Zeit und Entfernung angibt. Außerdem lernen sie während ihres ersten Fluges von älteren Artgenossen, Abweichungen von der richtigen Route zu korrigieren. Erfahrene Tiere kennen unter anderem auffällige Merkmale der Landschaft oder orientieren sich sogar an den Sternen. Manche Arten nutzen auch das Magnetfeld der Erde, andere wiederum ihren Geruchssinn. Vor allem Brieftauben verlassen sich beim Navigieren auf ihren Geruchssinn. Wissenschaftlern zufolge besitzen Brieftauben einen ausgeprägten Geruchssinn sowie ein gutes Erinnerungsvermögen für Düfte, mit dessen Hilfe sie sich bereits in der Jugend die Düfte der Umgebung, die der Wind in ihren Taubenschlag trägt, einprägen und eine Art Duftlandkarte der Umgebung anlegen. Von dieser Karte lassen sie sich beim Flug über unbekanntem Terrain leiten. Ein weiteres Beispiel: Der Kuckuck ist ein sogenannter Langstreckenzieher und zieht vorzugsweise nachts. Er fliegt jedes Jahr über 16.000 Kilometer weit bis in seine Winterquartiere in Afrika südlich des Äquators. Mithilfe von Satellitendaten haben Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell die Rundreise von Kuckucken aus ihren Brutgebieten in Europa in die Überwinterungsplätze in Zentralafrika und wieder zurückverfolgt. Die Flugrouten der einzelnen Vögel weichen trotz der enormen Distanz kaum voneinander ab. Sie kehren dabei auch zielgenau in ihre Brutareale zurück.

Dabei verlassen sie sich aber nicht nur auf ein angeborenes Kompass-Uhr-Navigationsvermögen, sondern nutzen auch zusätzliche Orientierungshilfen. Das belegen weitere Studien. Mithilfe von Computermodellen errechnete Flugstrecken, die ausschließlich auf dem angeborenen Orientierungssinn beruhten, verliefen deutlich unterschiedlicher als die realen Strecken. Doch woran sich Vögel genau orientieren und entlang welcher Routen sie fliegen, liegt für viele Vogelarten noch immer im Dunkeln. Die seit einigen Jahren festzustellende Veränderung des Zugverhaltens vieler Vogelpopulationen steht vermutlich mit den Folgen der globalen Erwärmung in Zusammenhang. Zahlreiche Vogelarten, die früher obligatorische Zieher waren, überwintern inzwischen in Mitteleuropa, so etwa die Mönchsgrasmücke und der Weidenlaubsänger. Auch Weißstörche bleiben im Winter vermehrt in Deutschland oder angrenzenden Ländern z. B. die Schweiz.

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