Das Buch Soyga

Das Buch Soyga (henochisch „der Wille Gottes“), ist eine lateinische Abhandlung aus dem 16. Jahrhundert über Magie, Dämonologie und Astrologie. Es wird vermutet, dass das Wort Soyga eine Umkehrung des griechischen Wortes Agyos sei, was übersetzt „Heilig“ bedeutet. Der englische Astrologe und Mystiker John Dee besaß ein Exemplar des Buchs. Dee arbeitete jahrelang mit dem medial begabten Edward Kelley zusammen, der Geister wahrnehmen und mit ihnen verkehren konnte. Kelly sagte u.a. - 4 Jahre, bevor die Ereignisse geschahen - die Hinrichtung von Maria Stuart, der Königin von Schottland und das Auslaufen der Spanischen Flotte gegen England voraus. Nach dem Tod von Dee war das Buch Soyga jahrzehntelang verschollen, bis 1994 zwei Manuskripte davon von der Dee-Historikerin Deborah Harkness wieder gefunden wurden. Eines wurde unter dem Vermerk Sloane MS.8 in der Nationalbibliothek des Vereinigten Königreichs in London gefunden. Das andere unter dem Titel Aldaraia sive Soyga vocor in der Hauptbibliothek der Universität Oxford. Neben Beschwörungen und Anleitungen zur Magie, enthält das Buch 36 große Tabellen, gefüllt mit Einzelbuchstaben, die von Dee aber nicht entschlüsselt werden konnten. Während seiner Gespräche mit Engeln, die Dee mithilfe des Mediums Edward Kelley durchführte – befragte er den Erzengel Uriel über die Bedeutung des Buchs, und bat um Hinweise. Uriel antwortete, das Buch sei Adam im Paradies von den Engeln offenbart worden, und der Erzengel Michael sei der Übersetzer des Buchs. Der Sinn der Buchstabenfolgen in den 36 Buchstabenquadraten, die im Buch Soyga abgedruckt sind, war lange Zeit unbekannt. Erst dem Briten Jim Reeds (Mathematiker) gelang es 1998 mithilfe einer mathematischen Formel, die Tabellen zu dechiffrieren. Diesem gelang übrigens auch die Entschlüsselung der Steganografia. Dieser Begriff wurde von dem Renaissance-Gelehrten Johannes Trithemius (1462–1516) erfunden, der in den Jahren 1498–99 und 1500 zwei Fassungen eines Buchs schrieb, das er Steganografia nannte. Die Steganografia des Johannes Trithemius gehört zu den rätselhaftesten Büchern der wissenschaftlichen Literatur. In der ersten Fassung (sie besteht aus zwei Teilen) stellte Trithemius mehrere leicht verständliche Methoden vor, mit denen man einen geheimen Text in einem offenen Text verstecken kann. Die Anfang 1500 stark überarbeitete Zweitfassung der Steganografia erwies sich dagegen als Kopfnuss. Trithemius hatte sie in einen rätselhaften Text umgewandelt und außerdem einen unvollendeten dritten Teil (liber tertius) hinzugefügt. Es dauerte Jahrhunderte, ehe man den Inhalt dieses dritten Buchs vollständig entschlüsseln konnte. In den ersten beiden Teile der überarbeiteten zweiten Fassung beschreibt Trithemius nun eine steganografische Methode, eine Art übersinnlicher Datenübertragung, die mit magischen Beschwörungsformeln und der Evokation von Geistern arbeitet. Es wird ein Geist beschworen, der die Botschaft übermitteln soll. Nur wenn der Empfänger die richtige Beschwörungsformel gesprochen hat, teilt ihm der Geist die geheime Botschaft mit. Im zweiten Teil der Steganografia wird die geheime Botschaft stets zusätzlich per Buchstaben-Ersetzung verschlüsselt, bevor der Geist sich mit ihr auf den Weg macht. Doch die Datenübermittlung per Geister, Engel und Dämonen war der katholischen Kirche ein Dorn im Auge. 1609 setzte sie die als dämonische eingestufte Steganografia auf den Index der verbotenen Bücher. Dort blieb sie bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Das im dritten Teil der Steganografia beschriebene (übersinnliche) Übertragungsverfahren basiert zunächst auf den sieben Planeten, Erde, Mond, Mars, Venus, Merkur, Jupiter und Saturn. Außerdem spielen die sieben planetarischen Herrscher (die 7 Erzengel Michael (Sonne), Gabriel (Mond), Raphael (Merkur), Anael (Venus), Samuel (Mars), Sachiel (Jupiter) und Cassiel (Saturn) und je vier nachrangige Hilfsgeister eine Rolle. Jeder, der sieben Planetenengel beeinflusst das Geschehen auf Erden abwechselnd für jeweils 354 Jahre und 4 Monate. Bis ins 20. Jahrhundert verlor die Steganografia nichts von ihrer Faszination. Erst Jim Reed gelang es ein halbes Jahrtausend nach der Veröffentlichung, das Rätsel um den dritten Teil der Steganografia zu lösen. Schaut man sich die Botschaften an, die Trithemius im dritten Teil der Steganografia versteckt hat, stellt man schnell fest: Es scheint sich allesamt um Belanglosigkeiten zu handeln.


Doch zurück zum Buch Soyga. Bei der Dechiffrierung der Tabellen im Buch kam heraus, dass es sich bei den Buchstabenquadraten um regelmäßige Buchstabenmuster ohne einen magischen oder rituellen Wert handelte. In den 36 Tafeln geht es um die 12 Sternzeichen, die 4 Elemente Feuer, Wasser, Luft, Erde und um das fünfte Element Äther. Bei der Entschlüsselung war zu beachten, dass die erste Spalte der Quadrate entscheidend war. Alle anderen 35 Spalten konnten abgeleitet werden:


Beispiel:


Nummer der Tafel 1,13


  • Zuordnung: Widder (Aries)
  • Codewort: NISRAM, MARSIN

(die ersten 6 Buchstaben der ersten Spalte der Tafel)


Nummer der Tafel 2,14


  • Zuordnung: Stier (Taurus)
  • Codewort: ROELER, RELEOR

(die ersten 6 Buchstaben der ersten Spalte der Tafel)


Nummer der Tafel 3,15


  • Zuordnung: Zwillinge (Gemini)
  • Codewort: IOMIOT, TOIMOI

(die ersten 6 Buchstaben der ersten Spalte der Tafel)


Und so weiter….


Doch irgendeine geheime Bedeutung muss das Buch haben, denn immerhin hatte der Erzengel Michael mit dem Buch zu tun und Adam hatte es von den Engeln bekommen. Für John Dee war das Buch Soyga jedenfalls von großem Interesse. Vielleicht enthält es die Weltformel, die Theorie von allem, eine hypothetische Theorie, gebildet aus theoretischer Physik und Mathematik, die alle physikalischen Phänomene im bekannten Universum präzise beschreiben und verknüpfen soll. Ein anderes antikes Werk, das Liber Loagaeth ist ein in der Sprache Enochian geschriebenes Handbuch der henochischen Magie. Enochian wird auch die Sprache der Engel genannt. Zum Liber Loagaeth gab es ein anderes zugehöriges Buch, das Claves Angelicae, welches Übersetzungstafeln für Enochian enthielt.


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