Manoa

Percival Harrison Fawcett (* 18. August 1867 in Torquay) war ein britischer Forschungsreisender und Abenteurer. Seine Expeditionen Anfang des 20. Jahrhunderts führten ihn mehrfach nach Südamerika. Im Sommer 1925 verschwand er zusammen mit seinem ältesten Sohn während seiner letzten Forschungsreise vermutlich am Oberlauf des Rio Xingu spurlos.


Um 1900 war das Regenwaldplateau von Mato Grosso in Südamerika eines der letzten noch nicht vollständig vermessenen Gebiete der Erde. 1906 wurde Fawcett von der Royal Geographical Society damit beauftragt, das Gebiet zwischen Bolivien und Brasilien zu vermessen und zu kartieren. Die Organisation der Reise übernahm die Royal Geographical Society, die sowohl die Ausrüstung bereitstellte, als auch Geldgeber anwarb. Diese erste Reise von Percy Fawcett verlief erfolgreich. Während der Reise trug ein Häuptling der Nhambiquara-Indianer Fawcett die Legende der sagenhaften Stadt Manoa zu, welche die Indios als steinerne Stadt oder schwarze Stadt beschrieben. Diese Ruinenstadt solle angeblich auf einer Ebene im Mato Grosso nahe dem Rio Xingu verborgen liegen und von dichtem Regenwald und blauen Bergen umgeben sein. Den Ausführungen des Häuptlings zufolge besitze die Stadt Schutzgräben, Statuen, Chausseen und gepflasterte Straßen und werde von einem wilden Indianerstamm, den Suya, bewacht. Ferner seien dem Häuptling zufolge in der Gegend, in der die Stadt liegen soll, riesige unbekannte Tiere an Seen gesichtet worden. Zum Ende des Gesprächs soll er Fawcett einen kleinen und sehr alten Stein ausgehändigt haben, auf welchem das Bildnis eines Mannes eingraviert gewesen sei, der eine römische Toga und Sandalen trägt. Nach Abschluss der ersten Expedition fuhr Fawcett zurück an die Küste nach Rio de Janeiro. Dort entdeckte er im Staatsarchiv ein aus dem Jahr 1753 datiertes Dokument über portugiesische Seefahrer und Abenteurer, die 1743 ins Landesinnere aufgebrochen waren, um den Regenwald nach Gold- und Silberminen zu erkunden. Statt der Bodenschätze fanden sie angeblich etwas anderes. Der Bericht erzählte von einer „versteckten und großen alten Stadt, ohne Einwohner, die im Amazonasgebiet entdeckt worden war.“ Die Ruinenstadt sollte demnach in der Serra do Roncador nahe dem Rio Xingu im brasilianischen Mato Grosso liegen. Das überzeugte Fawcett davon, dass der Bericht des Häuptlings über die versunkene Stadt wahr gewesen sei. Fawcett nannte die Stadt zunächst lediglich „Z“. Der Gedanke daran sollte ihn nie wieder loslassen.


Seinen Plänen treu bleibend, setzte Fawcett nachdem er inzwischen zwei weitere Expeditionen in das Amazonasgebiet durchgeführt hatte, Anfang 1913 erneut nach Südamerika über. Seine Absicht war es diesmal, in den Anden nach Überresten der angeblichen Inkastadt Paititi zu suchen. Zwei Jahre zuvor hatte der amerikanische Archäologe Hiram Bingham Machu Picchu entdeckt. Auf dieser Reise folgte Fawcett keiner vorher festgelegten Route, sondern hauptsächlich Hinweisen aus der Bevölkerung. Aus wissenschaftlicher Sicht verlief diese vierte Reise Fawcetts, aber höchst unbefriedigend, da er weder eine unbekannte Inkastadt noch irgendwelche Hinweise auf eine solche gefunden hatte. Seine fünfte Reise sollte ihn in das Gongugy Basin im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso führen, von dem er glaubte, dass es der Ursprung der Erzählungen über eine versunkene Regenwaldstadt war. Die Expedition musste jedoch schon nach kurzer Zeit aufgrund von Überschwemmungen, die das Weiterkommen erschwerten, ergebnislos abgebrochen werden. Auch die nachfolgende sechste Expedition im Februar 1920 war erfolglos. Die Route führte diesmal an der Ostküste Brasiliens entlang Richtung Süden. Da die Teilnehmer – sechs relativ junge und unerfahrene Forscher, den unerwarteten Strapazen nicht gewachsen waren, musste die Expedition vorzeitig abgebrochen werden.


Mitte der 1920er-Jahre plante Fawcett eine weitere siebte Expedition in das Mato Grosso. Auf dieser hoffte er, endlich die versunkene Stadt Z, die er alternativ als Manoa bezeichnete, zu entdecken. Als Begleiter wählte Fawcett seinen Sohn Jack (* 1903) sowie dessen Freund Raleigh Rimmel, einen Zeitungsfotografen, als Begleiter aus. Cuiabá, die Hauptstadt des Bezirkes Mato Grosso sollte als Startpunkt für die Expedition dienen. Am 20. April 1925 verließen die drei Teilnehmer die von Regenwald umgebene Stadt und begannen ihre Expedition. Fawcett plante, nach Norden zu einem Nebenfluss des Rio Tocantins, dem Paranatinga, vorzustoßen. Diesen wollte die Gruppe mit einem Kanu bis etwa zum zehnten Grad südlicher Breite flussabwärts befahren, um anschließend den Regenwald ostwärts Richtung Rio São Francisco zu durchqueren. Enden sollte die Reise in Salvador da Bahia, einer großen Küstenstadt am Atlantischen Ozean. Man packte Proviant für gut drei Wochen ein. An ihrem Zielort kamen die drei Forscher jedoch nie an. Am 29. Mai 1925 telegrafierte Fawcett vom Dead Horse Camp (11° 43′ S, 54° 35′ W) in einem Brief an seine Frau: „Unsere zwei Führer gehen von hier zurück. Sie werden immer nervöser, und wir dringen weiter in das Indianer-Land vor. Du brauchst keine Angst vor einem Fehlschlag zu haben. Dies war sein letztes Lebenszeichen.


Zunächst wurden keine Rettungsversuche unternommen. Erst nachdem ein Fregattenkapitän der United States Navy 1927 im Regenwald Indios gesichtet hatte, die ein Namensschild einer Kiste Fawcetts als Brosche trugen, wurde eine offizielle Suchexpedition ausgerüstet. Diese war jedoch erfolglos. Im Jahr 1931 berichtete ein Schweizer Regenwaldjäger, er habe bei Indianern im nordwestlichen Mato Grosso einen großen, älteren Mann mit blauen Augen und langem Bart getroffen, der sich als Oberst der britischen Armee zu erkennen gegeben hätte. Unmittelbar bevor er wieder von den Indianern abgeführt wurde, übergab der Mann, der offenbar ein Gefangener war, dem Schweizer einen Siegelring. Diesen identifizierte Nina Fawcett später als das Eigentum ihres Mannes. Im Anschluss an diese Erfolgsmeldung organisierte der Schweizer eine eigene kleine Expedition, um Fawcett zu befreien, scheiterte damit jedoch. An dem Ort, an dem er dem Oberst begegnet war, traf er weder auf diesen noch auf die Einheimischen. Zwei Jahre später, im April 1933, fand man in der Nähe einer Ansiedlung von Bacaari-Indianern in Mato Grosso einen Theodolit, der nachweislich Teil der Ausrüstung der letzten Reisegruppe Fawcetts war.


Insgesamt versuchten bis heute 13 Expeditionen, bei denen etwa 100 Teilnehmer ihr Leben verloren, das Schicksal der beiden Fawcetts sowie Rimmels aufzuklären. Da dies noch nicht mit endgültiger Sicherheit gelungen ist, ranken sich weiterhin die verschiedensten Legenden um deren Verbleib. Am wahrscheinlichsten sind noch die Vermutungen, nach denen die Mitglieder der Expedition von wilden Tieren angegriffen und tödlich verwundet wurden oder aber einer Krankheit erlegen sind. Ob Fawcett die geheimnisvolle Stadt Z gefunden hat, bleibt ein Geheimnis.


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