AMORC

A.M.O.R.C. ist die Abkürzung für Antiquus Mysticus Ordo Rosae Crucis („Alter mystischer Orden vom Rosenkreuz“). Der US-amerikanische Okkultist und Parapsychologe Harvey Spencer Lewis gründete den Orden 1915 in New York City. Die Organisation begreift sich als Nachfolger der Rosenkreuzer. Der AMORC Dachverband (Großloge) der deutschsprachigen Länder wurde 1952 ins Leben gerufen und hat seit 1963 seinen Sitz in Baden-Baden. 1908 kam Lewis durch eine Frau namens May Banks Stacey mit dem Rosenkreuzertum in Verbindung. Banks-Stacey soll eine Eingeweihte in die Geheimnisse der Hindu-Philosophie unter Swami Vivekananda, Abekananda Baha' Ullah gewesen sein. Außerdem sei sie ein Mitglied der Esoterischen Sektion (ES) der Theosophischen Gesellschaft gewesen. Im selben Jahr reiste Lewis nach Toulouse (Frankreich), wo er in einen Rosenkreuzerorden initiiert worden sein will, was ihn zur Gründung des AMORC veranlasst habe. Nach New York zurückgekehrt brachte er die Kerngruppe des AMORC zusammen, die von Frau Banks Stacey mit von französischen Rosenkreuzer-Eingeweihten geschriebenen Dokumenten bedacht worden sei. Lewis gründete Logen und der AMORC begann in der heute noch für ihn typischen Arbeitsform als Fernlehrinstitut tätig zu werden.

Am 22. Juni 1916 führte Lewis vor AMORC-Mitgliedern in New York City in einer öffentlichen Schau eine Demonstration auf dem Gebiet der praktischen Alchemie vor, in dem er versuchte, ein Stück Zink in Gold zu verwandeln. Das Ergebnis ist unbekannt. 1921 stellte der AMORC eine Verbindung zum Mitbegründer des Ordo Templi Orientis (OTO) Theodor Reuß her. Reuß der von Lewis Ressourcen beeindruckt war stattete ihn mit einer OTO-Ehrenmitgliedschaft (Memphis-Misraïm-Ritus 33°, 90°, 95° und OTO VII°) aus.

Ferner versuchte er ihn zu überreden, einen gemeinsamen Dachverband namens „The AMORC World Universal Council“ (TAWUC) zu gründen, was Lewis für keine gute Idee hielt. Er brach den Kontakt zu Reuß 1922 schließlich ganz ab, nachdem er erkannt hatte, dass Reuß primär das Ziel verfolgte, vom AMORC finanzielle Unterstützungen zu erhalten. In den Folgejahren stieg die Mitgliederzahl des AMORC kontinuierlich an. 1927 ließ Lewis das neue AMORC-Hauptquartier in San José, Kalifornien, den Rosicrucian Park bauen. Auf dem Gelände wurde 1934 eine rosenkreuzerische Universität („Rose Croix University“) eröffnet. 1936 folgten ein Planetarium und 1939 eine Bücherei („Rosicrucian Research Library“) sowie ein ägyptisches Museum („Rosicrucian Egyptian Museum“). 1935 versuchte der britische Okkultist Aleister Crowley den AMORC zu übernehmen. Crowleys Bemühungen waren jedoch erfolglos. Gegenwärtig ist ein neuer Rosenkreuzerorden, die Confraternity of the Rose-Cross (CR+C), gegründet vom dänisch/US-amerikanischen Theosophen und Rosenkreuzer Gary Lee Stewart, der eigentliche AMORC, während der AMORC selbst im Jahre 1990 aufgelöst und stattdessen eine andere Gesellschaft gleichen Namens, jedoch mit neuen Statuten und umgewandelten Lehren gegründet wurde. Das AMORC-Hauptquartier (Supreme Grand Lodge) befindet sich heute in Quebec (Kanada). An der Spitze der AMORC-Hierarchie steht als Präsident des Obersten Rates der für die Amtsdauer von fünf Jahren gewählte sogenannte Imperator. Der Oberste Rat wiederum setzt sich aus den Großmeistern der örtlichen Zuständigkeitsbereiche (Jurisdiktionen) und dem Imperator zusammen. International unterhält der AMORC in Sprachgebiete aufgeteilte Großlogen. Im Zuständigkeitsbereich der Großlogen bilden sich dann Städtegruppen mit abgestufter Bedeutung, namentlich Atrium, Pronoas, Kapitel und Loge. Das Wissen und das Lehrsystem von AMORC baut vor allem auf alten hermetischen Traditionen auf, die angeblich bis in das Alte Ägypten der Zeit von Thutmosis III. zurückreichen sollen. Der Orden folgt damit der Ansicht des Alchemisten Michael Maier (1569–1622), der in seiner 1617 erschienenen Schrift Silentium post clamores die Ursprünge der Rosenkreuzer-Idee ebenfalls bis Altägypten zurückverfolgte. Zur Zeit Pharaos Amenophis IV. (Echnaton) sei der Orden für Interessenten geöffnet worden. Auf Basis dieser Entstehungslegende vereinnahmt der AMORC viel prominenten Denker der Antike als „Rosenkreuzer“ und behauptet, sie seien Eingeweihte dieses ägyptischen Mysterienordens gewesen, darunter Pythagoras, Sokrates, Platon, Aristoteles, Cicero und Seneca. Den abgestuften Einweihungsweg können die Mitglieder durch das Studium von Fernunterrichtsbriefen durchlaufen. Ursprünglich (1923) hatte der AMORC drei Studiengrade. 1930 wurde das Gradsystem um die neun Grade der Gold- und Rosenkreuzer des 18. Jahrhunderts erweitert. Seit 1934 gibt es 16 Grade. Die letzten drei davon werden laut Lexikon des Geheimwissens sehr restriktiv erteilt. Durchschnittlich dauert die Absolvierung aller neun Tempelgrade der Gold- und Rosenkreuzer ungefähr fünf bis sechs Jahre. In der Lehre des AMORC spielen die drei Rosenkreuzermanifeste des frühen 17. Jahrhunderts „Fama Fraternitatis“ (1614), „Confessio Fraternitatis“ (1615) und „Die Chymische Hochzeit des Christian Rosencreutz“ (1616) eine mehr oder weniger untergeordnete Rolle. Neben diesen drei Rosenkreuzer-Urschriften sieht der AMORC eher die anonyme Veröffentlichung „Die Geheimen Figuren der Rosenkreuzer aus dem 16. und 17. Jahrhundert“ aus dem Jahr 1785 als festen Bestandteil seiner Ordensgeschichte an.


Die Lehrinhalte des AMORC unterliegen der Geheimhaltung. Bereits im Aufnahmegesuch in den Äußeren-Kreis des A.M.O.R.C. verpflichtet sich der Neophyt zur Geheimhaltung. Das Heimstudium der per Post zugestellten Lehrbriefe ist vollständig in rituelle Handlungen eingebettet. Ergänzt werden soll Studium und Ritual durch praktische Übungen, etwa die Intonation von Silben, wie dem aus dem Ägyptischen hergeleiteten Ra-Ma (rrrrrrrraaaaaaaammmmmmaaaaa). Wichtig ist auch das Üben mystischer Techniken wie Konzentration, Visualisation, Meditation und Kontemplation. Insbesondere ist auch die Symbolarbeit von großer Bedeutung. Die Arbeit mit Symbolen gehört deshalb zu den Übungen des Heimstudiums. So soll der Studierende bestimmte vorgeschriebene Symbole z. B. geometrische Grundfiguren abzeichnen und ausmalen und sodann ungestört und ausgiebig betrachten, um in einen Bewusstseinszustand zu gelangen, der die Kommunikation mit dem kosmischen Bewusstsein ermöglicht. Zur Symbolarbeit im weiteren Sinn zählt auch die Beschäftigung mit dem hebräischen Alphabet und den Tarotkarten. Der AMORC stellt, eigenen Angaben zufolge, keine Dogmen auf, an die man glauben müsse. Das bleibt jedem selbst überlassen. Die Glaubenslehre des Ordens in Kurzform vermittelt folgendes Wissen: Der Körper löst sich nach dem Tod in seine chemischen Bestandteile auf, während die unsterbliche Seele fortbesteht. Die Seele ist aber selbst nicht individuell, sondern ein Teil der kosmischen Allseele, die den Menschen mit dem gesamten Universum und dem göttlichen Bewusstsein verbindet. Prinzipiell sind alle Seelen gleich. Die Seele selbst entwickelt sich nicht, sondern nur die Persönlichkeit des Menschen. Mit der Reinkarnation ist eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung verbunden. Eine Rückentwicklung bzw. Inkarnation in niedere Daseinsformen (Pflanze oder Tier) wird grundsätzlich verneint. Für den Zeitraum zwischen zwei Geburten wird als allgemeingültiger Richtwert die Dauer von 144 Jahre angegeben.


Etwa ab 1990 kam es zu einer Reihe von Organisationsabspaltungen. Unter anderem wurden folgende Organisationen neu gegründet:


  • Confraternity Rose Cross (CR+C) und OMCE
  • Ancient Rosae Crucis (ARC)
  • Raymond Bernard und die Templer (CIRCES, TRI, OSTI)
  • Ordre du Temple Rénové (ORT)
  • Ordo Rosae Aurae (ORA, Martin Erler)
  • Orden Rosacruz
  • Sonnentempler


Letzterer erregte durch eine Mord- und Selbstmordserie mit insgesamt 74 Toten in den Jahren 1993, 1995 und 1997 großes öffentliches Aufsehen. Der AMORC distanzierte sich offiziell von den Sonnentemplern und erklärte System, Ziele und Inhalte für unvereinbar miteinander.

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