Die theosofische Gesellschaft

Die Theosophische Gesellschaft (TG) wurde 1875 in New York City gegründet. Gründungsmitglieder waren u. a. die russlanddeutsche Okkultistin Helena Petrovna Blavatsky, der US-amerikanische Theosoph Henry Steel Olcott und der irisch-US-amerikanische Theosoph William Quan Judge in New York gegründet. Blavatsky und Olcott begegneten sich erstmals 1874 in Vermont. 1875 gründeten sie den Miracle Club, um sich mit Gleichgesinnten der Erforschung spiritistischer Phänomene zu widmen. Diesem Kreis schloss sich später William Quan  Judge an. Die Mitgliedertreffen unterlagen der Geheimhaltung. Aufgrund interner Querelen scheiterte der Miracle Club und Blavatsky und Olcott, die späteren Gründer der Theosophischen Gesellschaft, begannen sich vom Spiritismus abzugrenzen. Am 7. September 1875 hielt der US-amerikanische Ägyptologe, Freimaurer und Theosoph George Henry Felt in der New Yorker Wohnung Blavatskys vor siebzehn Personen ein Referat über den verschollenen Kanon der Proportionalität von Ägyptern, Griechen und Römern. Er behauptete den Schlüssel zum Symbolgehalt der geometrischen Figuren entdeckt zu haben, in denen man okkultes Geheimwissen vermutete. Das Referat veranlasste Olcott zu dem Vorschlag, eine Nachfolgegesellschaft des Miracle Club zu gründen, um solche Dinge zu erforschen. Blavatsky und Jugde stimmten dem Vorschlag zu.

Woraufhin die Gründung einer Gesellschaft zur Untersuchung der geheimen, zugrunde liegenden Naturgesetze beschlossen wurde. Am 8. September 1875 traf man sich erneut, um die Gründung einer Gesellschaft zum Studium und zur Erklärung des Okkultismus, der Kabbala usw. in Angriff zu nehmen. Gründungsmitglieder waren Blavatsky, Olcott, Judge, Felt und andere. So die Theosophen Charles Carleton Massey, William Livingston Alden, Henry Jotham Newton und der Parapsychologe James Hervey Hyslop. Bei diesem ersten Treffen ging es vorrangig um die künftige Ausrichtung der zu gründenden Gesellschaft und deren Name. Es standen mehrere Namen zur Disposition, so z. B. Ägyptologische, Hermetische oder Rosenkreuzerische Gesellschaft. Schließlich einigte man sich auf The Theosophical Society (Theosophische Gesellschaft). Olcott wurde Präsident, Judge Rechtsbeistand und Blavatsky korrespondierende Sekretärin. 1876 erklärte sich die TG zur Geheimgesellschaft. Die zunächst an der Suche nach esoterischer Wahrheit und dem Streben nach wissenschaftlicher Erforschung des Okkulten interessierten Mitglieder der Theosophischen Gesellschaft formulierten drei Ziele:


  1. den Kern einer universellen Bruderschaft der Menschheit zu bilden, ohne Unterschied von Herkunft, Glaube, Geschlecht und Hautfarbe;
  2. zum Studium der vergleichenden Religionswissenschaft, Philosophie und Naturwissenschaften anzuregen;
  3. ungeklärte Naturgesetze und die im Menschen verborgenen Kräfte zu erforschen.


Einziger Grundsatz der TG sollte die Omnipotenz der Wahrheit sein, ihr einziges Glaubensbekenntnis deren Entdeckung und Verbreitung. Doch noch vor Jahresende 1875 kam es bereits wieder zu ersten Austritten, die sich in den folgenden Jahren fortsetzten. Ende 1876 hatte die TG 85 eingetragene Mitglieder, darunter 17 Frauen. Blavatsky hatte mittlerweile ihr erstes Buch Isis entschleiert zu schreiben begonnen und fand keine Zeit mehr für die Zusammenkünfte der Theosophen. Judge interessierte sich mehr für die in kleinem Kreis stattfindenden Lehrgespräche Blavatskys als für die TG selbst. So blieb einzig Olcott, der in dieser Zeit die TG vor dem völligen Absinken in die Bedeutungslosigkeit und damit vor dem Zusammenbruch bewahrte. In der Folge expandierte die TG wieder. Es entstanden inoffizielle Logen in Liverpool sowie auf Korfu. 1878 gründete der englische Theosoph  Charles Carleton Massey mit Genehmigung von Olcott die erste„offizielle“ Zweigstelle der Theosophischen Gesellschaft, die London Lodge.

Es folgten 1879 eine Loge im indischen Mumbai und 1882 eine Loge in Rochester, die erste Loge auf amerikanischem Boden.


In der Zwischenzeit suchte die TG die Nähe zum Neohinduismus. Eine Angliederung der TG an die hinduistische Reformbewegung Arya Samaj scheiterte jedoch. 1878 wurde aus der Beschäftigung mit orientalischer Literatur und Philosophie allgemeine Praxis. Blavatsky und Olcott wanderten nach Indien aus. 1880 traten beide zum Buddhismus über. 1882 wurde im südindischen Adyar nahe Madras ein neues TG-Hauptquartier errichtet. Als der englische Journalist, Autor und Theosoph Alfred Percy Sinnett auf der Basis von den sogenannten Mahatmabriefen, das Buch Esoteric Buddhism (Geheimbuddhismus) veröffentlichte und darauf beharrte, dass es das Fundament der Theosophie bilde, kam es zu massiven Auseinandersetzungen. 1884 kam es zum Eklat als ehemalige Bedienstete Blavatskys, das Ehepaar Coulomb, die Coulomb-Affäre auslösten, indem sie behaupteten, Blavatsky habe die Meisterbriefe selbst geschrieben. Die dem Vorwurf spiritistischen Betrugs ausgesetzte, enttäuschte Blavatsky verließ Indien im Frühjahr 1885 für immer. Sie wohnte zunächst in Würzburg, dann in London, wo sie ihr zweibändiges Werk The Secret Doctrine, the Synthesis of Science, Religion and Philosophy (deutsch: Die Geheimlehre. Die Vereinigung von Wissenschaft, Religion und Philosophie) veröffentlichte. Das Werk war in Form eines Kommentars zum alt-tibetischen Buch des Dzyan verfasst. Blavatskys Vorstellungen zur Entstehung (Weltentstehung) und Entwicklung der Welt bzw. des Kosmos wurde von mehreren Kommentatoren für eine Fiktion gehalten. In ihrer Kosmogonie läuft die Evolution des Sonnensystems in sieben „Weltenketten“ ab, wobei die „Lebenswoge“ von einem Planeten zum anderen übergehe. Auf jedem Planeten würden sieben Globalrunden durchlaufen, die ihrerseits in sieben nacheinander und unabhängig voneinander entstehenden Wurzelrassen gegliedert seien. Diese seien durch das Gesetz des Karma und einen Reinkarnationsmechanismus miteinander verbunden. Die Menschheit ihrer Gegenwart lebt nach Blavatsky in der fünften Wurzelrasse, den Ariern, die bereits durch zunehmende Spiritualität gekennzeichnet sei; ältere Wurzelrassen seien zum Aussterben verurteilt. Mit ihrem Konzept lehnte sich Blavatsky entschieden gegen die Vorstellung einer Creatio ex nihilo (Schöpfung aus dem Nichts oder Schöpfung aus nichts) des Christentums auf. Gleichermaßen lehnte sie die Evolutionstheorie ab. Charles Darwins Entdeckung der Abstammung des Menschen von affenartigen Tieren sei ein Irrtum. Der Mensch sei die älteste Lebensform auf der Erde; er habe in heutiger Gestalt bereits in der Kreidezeit existiert. Die Menschenaffen seien aus der geschlechtlichen Vereinigung degenerierter Menschenrassen mit „weiblichen Tieren“ entstanden. Ab 1895 kam es aufgrund mehrere Skandale zur Spaltung der Theosophischen Gesellschaft. Einige Logen wurden aufgelöst, andere neu gegründet.


Die erste Theosophische Gesellschaft in Deutschland, die Loge Isis, wurde 1879 von Harald Wiesendanger in Hamburg gegründet. Seine Loge war jedoch aufgrund einer fehlenden Stiftungsurkunde der Muttergesellschaft nur eine inoffizielle und darüber hinaus von kurzer Lebensdauer. 1884 gründeten die deutsche Theosophin  Marie Gebhard und der deutsche Theosoph  Wilhelm Hübbe-Schleiden die Loge Germania in Elberfeld.

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