Todesringe

In Namibia erscheinen immer wieder Millionen roter Kreise in der Steppe, drei bis 24 Meter im Durchmesser groß. Die Eingeborenen nennen sie Todesringe. Die Kreise sind nur vom Weltall aus zu sehen. Dabei handelt es sich um vegetationslose, grob kreisförmige Kahlstellen inmitten von Grasflächen (Gattung Stipagrosti), die von einem Ring kräftiger gewachsenen Grases umgeben sind. Besonders rätselhaft ist dass die Ringe teilweise verschwinden, sich neu bilden und sich insgesamt zu verbreiten scheinen.

 

Die Todesringe treten vor allem in den extrem trockenen Gebieten Südafrikas und Namibias auf, und zwar nur auf einem schmalen Streifen von der Küste bis 160 Kilometer landeinwärts. Es wurden verschiedene Theorien (bestimmte Mineralien, Meteoriten-Einschläge, Pflanzen, die Giftstoffe absondern etc.), vorgestellt, die für dieses Phänomen verantwortlich sein könnten. Doch keine davon konnte überzeugen.

 

Eine andere Theorie hält die Gaszusammensetzung des Bodens für ursächlich. Gase und Flüssigkeiten geologischen Ursprungs könnten bei der Entstehung der Todesringe eine Rolle zu spielen. Entsprechende Untersuchungen des  Gehalts an Kohlenmonoxid (CO),  Kohlendioxid (CO2), Sauerstoff (O2), Schwefelwasserstoff (H2S) sowie Stickstoffdioxid (NO2) ließen Rückschlüsse auf das Vorhandensein von Erdgas zu.

Erdgas ist ein Stressfaktor für die Vegetation. Kohlenwasserstoffe steigern die Tätigkeit von oxidierenden, als auch Schwefel reduzierende Bakterien, welche den Sauerstoffgehalt im Boden reduzieren. Dies beeinflusst den pH-Wert des Bodens und damit die Verfügbarkeit von Mineralstoffen, die für das Pflanzenwachstum notwendig sind. Doch auch die chemische Entstehungshypothese ist mittlerweile nicht mehr haltbar.


Eine andere Theorie hält bodenlebende Sandtermiten der Gattung Psammotermes für die Ursache der Kreise. Die Insekten produzieren angeblich die kahlen Stellen, um das wenige vorhandene Wasser zu konservieren. Das scheint naheliegend, denn in Namibia untersuchte Feenkreise enthalten unterirdische Termitengänge. 2015 wurden aber von einem Forscherteam des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung Leipzig (UFZ) ähnliche mysteriöse Kreise auch in Australien entdeckt. Die Kahlstellen befinden sich inmitten von Grasflächen der Pflanzengattung Triodia, deutsch: Stachelkopfgräse. Die neuen Kreise sind 10.000 km von Namibia entfernt und weisen keine Termitentätigkeit auf. Damit wird die Termitentheorie wieder etwas entkräftigt. Außerdem wurde schon oft bezweifelt, dass die Insekten in der Lage sind, Kreise in geometrisch so regelmäßigen Formen zu erzeugen.

 

Die Entdeckung australischen Kreise führte die Wissenschaftler aber auf eine neue Spur: selbstorganisierte Vegetationsmuster. Die Selbstorganisation von Pflanzen ist nichts Neues. Das Phänomen ist bereits bei Sonnenblumen bekannt. Sonnenblumen können sich so miteinander organisieren, dass alle stets mit Blick zur Sonne stehen. Dieser für das Pflanzenreich ungewöhnliche Selbstorganisationsprozess kann sogar die Produktivität, hier die Ölausbeute, von Pflanzen erhöhen. Das Verhalten der Sonnenblumen beruht auf einem sensorischen Signal zwischen den Pflanzen , ähnlich der komplexen Kommunikation von Tieren z. B. der von Soziale Insekten wie Ameisen, Termiten oder Bienen, deren Interaktion vor allem auf chemischen Kommunikationsnetzwerken aufbaut. Ein anderes Beispiel für Pflanzenorganisation ist, z. B. dass die Kerne der Blütenstände von Sonnenblumen immer nach strengen mathematischen Prinzipien, der sogenannten Fibonacci-Folge angeordnet sind.

 

Die kahlen Kreise sollen dadurch entstehen, weil die Gräser in der Umgebung der Feenkreise Wasser und Nährstoffe anziehen, dadurch entsteht eine Sogwirkung über mehrere Meter. An zentralen Stellen bleibt dann kein Wasser übrig und es bilden sich runde, kahle Flecken. Im trockenen Grasland ist insbesondere die Artenarmut ein Kennzeichen der selbstorganisierten Vegetationsmuster. Es gibt nur ein oder zwei Grassorten, die von Niederschlägen profitieren, die in den oberen Bodenflächen eindringen. Die verschiedenen Rückkopplungen von Biomasse und Niederschlägen und damit die gegenseitige Beeinflussung von Grasentwicklung und Regenwassernutzung führen zur Musterbildung bei den Feenkreisen. Diese Theorie wird auch gestützt durch Langzeitsatellitenbeobachtungen, die ergaben, dass die Feenkreise einem Lebenszyklus von Entstehen und Vergehen unterliegen, je nach Größe liege er bei 24 bis 75 Jahren, ein deutliches Indiz für eine biologische Ursache.


Doch solange sich die Wissenschaftler über die Ursache der Todesringe uneins sind, bleibt sie ungeklärt.

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