Die Longyou-Grotten

In der Provinz Zhejiang, China, liegen die mysteriösen Longyou-Grotten, auch bekannt als Xiaonanhai-Steinkammern. Diese größten unterirdischen Ausgrabungen der Antike, gelten in China als „das neunte Wunder der alten Welt“. Im Juni 1992 entwässerten vier Bauern aus dem Dorf Shiyan einen Fischteich, um die Fische darin leichter fangen zu können. Als das Wasser fast komplett abgelassen war, waren zu ihrer Überraschung auch alle Fische, die man vorher noch im Teich beobachten und sogar angeln konnte, verschwunden. Stattdessen tat sich eine Öffnung einer Grotte vor ihnen auf. In den Folgemonaten wurden weitere Grotten entdeckt. Bis heute sind es 24 handgemeißelte Grotten mit einer Grundfläche von 38.000 m² (3,8 Hektar). Die Grotten sind in massiven Stein gehauen und liegen etwa 30 Meter unter der Erde. Manche der Grotten sind bis zu 30 Meter hoch.  Heute sind sieben der 24 Grotten zugänglich. Die größte davon ist etwa 3000 Quadratmeter groß. Sie enthalten Steinräume, Brücken, Rinnen und Becken. Innerhalb der Grotten gibt es gleichmäßig in den Höhlen verteilte Säulen, die Decke und Wände stützen. Jede einzelne der Longyou-Grotten ist vom Boden bis zur Decke mit parallelen Linien bedeckt, die in praktisch jede Oberfläche gemeißelt wurden. Die Decken-, Wand- und Pfeileroberflächen wurden alle auf die gleiche Weise bearbeitet, als eine Reihe von parallelen Bändern oder Bahnen mit einer Breite von etwa 60 cm, die in einem Winkel von etwa 60º zur Achse der Bahn angeordnet sind. 

Das Alter der Grotten wurde auf mindestens 2000 Jahren geschätzt, weil an den Wänden Dekoration in Form von Fischschwänzen eingemeißelt waren. In jeder Grotte stehen drei bis vier mit Fischschwänzen dekorierte Säulen. Der Fischschwanz war nur vor der Han-Dynastie, also vor etwa 2000 Jahren, ein beliebtes Dekorationsmotiv. In einer der Grotten wurden Steinschnitzereien gefunden, die ein Pferd, einen Fisch und einen Vogel darstellen. Diese Grotte wurde als einzige zur Besichtigung für Touristen freigegeben. Die Longyou-Grotten sind ein bis heute ungelöstes Rätsel des Altertums. Trotz Jahrzehnte der Forschung hat bisher niemand eine Ahnung wie die Longyou-Grotten gebaut wurden, von wem und warum. Experten des Staatlichen chinesischen Denkmalschutzamts vermuten aber, dass die Grotten wahrscheinlich zu militärischen Zwecken gebaut wurden. Die Grotten seien während der Qin-Dynastie (221-202 v. Chr.) erbaut worden, deren erster Kaiser Qin Shi Huangdi sich auf einem Kriegszug befand. Seine Soldaten hätte auf der langen Expedition in Richtung Südosten, um dort die verschiedenen Volksstämme zu unterwerfen, an der Kriegsfront die Grotten als Lager für ihre Rüstungen und Essensvorräte gebaut.

Die bei der gesamten Ausgrabung der Grotten entfernte Menge an Gestein, wird von Experten auf fast 1.000.000 Kubikmeter geschätzt. Um das zu schaffen, mussten 1.000 Menschen sechs Jahre lang Tag und Nacht arbeiten. Dabei ist die Arbeit der am Projekt beteiligten Bildhauer noch nicht einmal berücksichtigt. Welche Werkzeuge verwendet wurden, um diese mit äußerster Symmetrie, Präzision und Ähnlichkeit bearbeiteten Steinräume zu erreichen, ist unbekannt. Es wurden keine Werkzeuge in der Gegend gefunden, die hätten Aufschluss geben können. Trotz ihrer Größe und obwohl fast eine Million Kubikmeter Steine mit immensem Aufwand ausgegraben und fortgeschafft wurden, existiert keinerlei Archivmaterial, keine historischen Dokumente, die die Existenz der Grotten erwähnen und auch keine archäologischen Beweise, die zeigen, wohin diese ungeheure Steinmenge hingeschafft wurde. Einige Bereiche innerhalb der Grotten sind stockfinster. Trotzdem sind auch hier Wände, Säulen und Decken mit Tausenden von parallelen Linien verziert. Es wurde nichts gefunden, was die Erbauer der Grotten zur Beleuchtung hätten verwenden können. Noch ein ungelöstes Rätsel ist, wie bzw. mit welchen Leuchtquellen im Dunkeln mit dieser Präzision gearbeitet werden konnte. Alle Longyou-Grotten sind auf einer Fläche von nur einem Quadratkilometer verteilt. Angesichts einer so hohen Dichte stellt sich die Frage, ob einige Grotten verbunden werden sollten. Warum hätte man so viele separate Höhlen in einem so engen Bereich bauen sollen, ohne sie zu verbinden? In vielen Bereichen sind die Wände zwischen den Höhlen nur 50 Zentimeter (20 Zoll) dick, aber sie wurden nie miteinander verbunden. Merkwürdig ist auch, dass viele der Longyou-Grotten erstaunliche Ähnlichkeiten aufweisen. Die Bauweise jeder Grotte ist fast identisch. Jede Grotte ist wie eine große Halle. Eine Seite ist steil und eine andere Seite ist um 45 % geneigt. Die vier Wände sind gerade, die Kanten und Ecken sind klar abgegrenzt. Alle Meißelspuren in den Longyou-Grotten sind gleichmäßig und präzise.Es gibt verschiedene Theorie, zu welchem Zweck die Longyou-Grotten gebaut wurden. Einige vermuten Grabstätten für Kaiser und hohe Persönlichkeiten, andere meinen, die Grotten seien durch den Abbau und die Gewinnung irgendeiner Art von Mineralressource entstanden. Wieder andere denken, die Grotten seien Stationierungsorte für Truppen gewesen. Keine dieser Theorien kann überzeugen. In den Grotten wurden keine Grabbeigaben oder Gräber gefunden und keinerlei Artefakte zurückgelassen. Für die Bergbautheorie gibt es auch keine Beweise. Es wurden weder Ausrüstung noch irgendwelche Apparate gefunden, die erforderlich gewesen wären, um diese ungeheure Menge an Gestein zu fördern und zu transportieren. Außerdem wenn die Grotten nur für den Bergbau gewesen wären, warum hätte man nachher solche komplexen Dekorationen an den Wänden, Säulen und Decken anbringen sollen?

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