Magie

Magie ist eine geheime Kunst, die sich magischer Mächte bedient, um mit deren Hilfe Einwirkungen zu erreichen oder um magische Mächte auf etwas einwirken zu lassen. Auch die Nutzung von Amuletten und Talismanen gehört zur Magie. Amuletten werden magische Kräfte zugeschrieben. Sie sollen Glück bringen oder Schaden abwenden.


Der römische Bischof und Kirchenlehrer Augustinus verurteilte jede Art von Magie, da sie immer auf einem Vertrag zwischen Menschen und Dämonen beruhe. Augustinus stellte aber die reale Existenz der Dämonen nicht infrage. Er vertrat die Lehre der gefallenen Engel. Im Neuen Testament und im Koran ist die Vorstellung eines abtrünnigen Engels verbreitet. Der Engel wird für seine Auflehnung mit der Vertreibung aus dem Himmel durch Gott und seine übrigen Engel bestraft. Der gefallene Engel wird häufig mit dem Teufel, in Verbindung gebracht, der nach Lk 10, 18 ebenfalls „vom Himmel gefallen“ sein soll. Lk 10, 17-18 Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und berichteten voll Freude: Herr, sogar die Dämonen gehorchen uns, wenn wir deinen Namen aussprechen. Da sagte er zu ihnen: Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. Im alten Testament werden Dämonen nur einmal erwähnt, nämlich im Buch Jesaja so Lilith, ein altorientalischer weiblicher Dämon sumerischer Herkunft. Jes 34,14 Wüstenhunde und Hyänen treffen sich hier, / die Bocksgeister begegnen einander. Auch Lilith (das Nachtgespenst) ruht sich dort aus / und findet für sich eine Bleibe.

Die Vorstellung vom Teufelspakt nahm in der hoch scholastischen Dämonologie einen bedeutenden Platz ein. Der Pakt mit dem Teufel oder Dämonen war eine Grundvoraussetzung für die Erlangung magischer Fähigkeiten, die ihrerseits eine Form der Beeinflussung der Natur waren. Ausgangspunkt eines solchen Paktes war die Evokation, eine magische Praktik, in der übernatürliche Wesen, z. B. Elementarwesen, Götter, Planetenwesen, Engel oder Dämonen, beschworen werden sollen. Beschwörungsriten fanden und finden sich in unterschiedlicher Form in beinahe jeder Kultur und Religion. Im Islam gibt es etwa den Dschinn, den man beschwören oder auch vertreiben kann. Dschinns sind Wesen, die über Verstand verfügen und neben den Menschen, Teufeln und den Engeln mit anderen Dschinn die Welt bevölkern. Bei der Praxis der westlich-okkultistischen Evokation steht der das Ritual Ausführende in einem zuvor gezogenen Schutzkreis. Das zu beschwörende Wesen, z. B. ein Dämon soll dazu gebracht werden, sich in einem außerhalb des Kreises befindliches „magisches Dreieck“ zu manifestieren. Die Intention dabei ist, den Dämon aus seiner eigenen Sphäre in die dem Menschen sichtbare Welt zu bringen. Für die Beschwörung werden überlieferte „magische Siegel“ oder Sigillen, bzw. die Namen der Dämonen, benutzt.

Eine spezielle Form der Magieausübung war die Theurgie. Mithilfe bestimmter religiöser Riten und Praktiken konnte der Theurg mit göttlichen Wesen in Verbindung treten um von ihnen Hilfe zu erlangen. Dabei ging es nicht darum mit magischen Mitteln göttliche Hilfe zu erzwingen, sondern um ein Zusammenwirken von Gott und Mensch, bei dem sich der Theurg göttlichem Einfluss öffnete. Darunter wurde insbesondere in der Spätantike die Ausführung der einschlägigen Anweisungen der Chaldäischen Orakel verstanden, die angeblich göttliches Offenbarungswissen enthielten. Es gab zwei Hauptrichtungen, eine rein philosophische, die auf theurgische Rituale verzichtete, und eine kultisch orientierte, die von der Unentbehrlichkeit theurgischer Praktiken ausging. Die philosophische Richtung vertrat den Standpunkt, dass die Erlösung der Seele aus der materiellen Welt eine Selbsterlösung sei. Dazu sei die Seele dank ihrer unverlierbaren göttlichen Natur von sich aus befähigt. Der Weg zur Freiheit führt dabei über die Selbsterkenntnis der Seele. Die Anhänger der anderen Richtung der Theurgie meinten, die Seele sei insgesamt in der materiellen Welt gefangen und könne sich ohne Hilfe von außen nicht befreien. Daher sei der Mensch auf die Unterstützung höherer Mächte angewiesen. Diese könne erlangt werden, indem man sich theurgisch mit den Göttern verbinde. Die in den Chaldäischen Orakeln dargelegten Grundsätze und Methoden der Theurgie basieren auf der platonischen Ontologie und Kosmologie, ein Weltbild, nachdem der Materie der niedrigste Rang zusteht. Sie bildet den unvollkommensten Bereich der Welt. Zuoberst steht der transzendente Gott. Er ist die Quelle göttlicher Emanationen, so auch der Weltseele, die aus dem Intellekt Gottes hervorgeht und das belebende Prinzip des gesamten Kosmos ist. Eine zentrale Rolle im theurgischen Kult spielt Hekate, die griechische Göttin der Magie, der Theurgie und der Nekromantie (Totenbeschwörung). Sie vermittelt zwischen dem Reich der Götter und der Welt der Menschen, indem sie den Sterblichen den Aufstieg der Seelen ins himmlische Reich ermöglicht. Die Theurgie wurde im Verlauf der Christianisierung des Römischen Reichs zunehmend als Hexenwerk ausgegrenzt und schließlich ausgerottet.


Unter den Oberbegriff Magie fällt auch die Lehre vom Exorzismus, auch als Teufels- oder Dämonenaustreibung bekannt. Menschen oder Tiere die davon betroffen waren, galten als besessen. Die Person (Exorzist), die den Exorzismus durchführt, versucht in einer direkten Kommunikation mit dem Dämon diesen auszutreiben, um so eine eine Befreiung oder Reintegration des „Besessenen“ herbeizuführen. Die wird mittels intellektuellem Dialog über Gebete, bis bis zum Tanz im Trancezustand (z.B. im Schamanismus) erreicht. Im Unterschied zum Mittelalter gibt es in der Gegenwart in Deutschland nur wenige dokumentierte Fälle von mutmaßlichen Teufelsaustreibungen. Einige davon endeten tödlich. Bekannt ist vor allem der Fall Anna Elisabeth Michel, eine deutsche Studentin der Religionspädagogik, die über dämonische Wahrnehmungen geklagt hatte und an den Folgen extremer Unterernährung starb. Aufsehen erregte der Fall, weil in den Monaten vor ihrem Tod zwei römisch-katholische Priester insgesamt 67-mal den großen Exorzismus an ihr vollzogen hatten. Die katholische Kirche unterscheidet heute zwischen Besessenheit einerseits und religiöser Hysterie und diversen Geisteskrankheiten andererseits. An der Päpstlichen Universität Regina Apostolorum werden seit einigen Jahren Exorzismuskurse angeboten. Zunächst muss der Exorzist prüfen, ob überhaupt eine dämonische Besessenheit vorliegt oder es sich nicht vielmehr um eine psychische Krankheit handelt. Im Zweifelsfall ist die Angelegenheit mit Medizinern und Psychiatern zu klären. Sind die Voraussetzungen einer Besessenheit erfüllt, findet ein Exorzismus unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Grundsätzlich darf ein großer Exorzismus (dieser ist von der katholischen Kirche als Ritus für die Teufelsaustreibung an Besessenen vorgesehen) aber nur auf Erlaubnis des Diözesanbischofs von einem dafür bestellten Exorzisten vorgenommen werden. Trance- und Besessenheitszustände wurden in der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) als seelische Erkrankungen anerkannt und unter F44.3 kodiert.

Auch in der Bibel werden magische Praktiken beschrieben. Dazu zählen einige der Heilungen Jesu, wie z. B. Heilung durch Handauflegungen. Jesus Gegner führten dessen Heilungen auf dämonische Mächte und illegitimen Umgang mit diesen zurück. Jesus galt ihnen als besessen und im Bund mit dem Teufel. Der Name Jesus wurde schon früh auch für Zwecke des Exorzismus (Teufelsaustreibungen) magisch verwendet. An einigen Stellen im Tanach werden Geister, die einem Menschen schaden, sogar von Gott selbst ausgesandt: 1 Sam 16,14 Der Geist des Herrn war von Saul gewichen; jetzt quälte ihn ein böser Geist, der vom Herrn kam. 1 Kön 22,21-23 Zuletzt trat der Geist vor, stellte sich vor den Herrn und sagte: Ich werde ihn betören. Der Herr fragte ihn: Auf welche Weise? Er gab zur Antwort: Ich werde mich aufmachen und zu einem Lügengeist im Mund all seiner Propheten werden. Da sagte der Herr: Du wirst ihn betören; du vermagst es. Geh und tu es! So hat der Herr jetzt einen Geist der Lüge in den Mund all deiner Propheten gelegt; denn er hat über dich Unheil beschlossen. Eine Besessenheit durch böse, unabhängig von einem Auftrag Gottes agierende Geister oder Dämonen kennt der Tanach aber nicht. Auch das Neue Testament setzt die Existenz von Dämonen voraus. Brief an die Epheser 6,12 Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.

In Mk 5,1–20 wird berichtet, wie Jesus einem Besessenen den Dämon bzw. die Dämonen Legion austreibt, Mk 5,9:  Jesus fragte ihn (den Dämon): Wie heißt du? Er antwortete: Mein Name ist Legion; denn wir sind viele. Auch Jesus Apostel erhalten die Macht, Dämonen auszutreiben Mk 3,14-15: Und er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte, damit sie predigten und mit seiner Vollmacht Dämonen austrieben.


Im Koran wird Magie unterschiedlich gesehen. In der Regel als heidnische Praktiken verurteilt, wird Magie in einigen Suren als himmlische Weisheit, die Engel den Menschen mitgeteilt haben, beurteilt. Eine dem Satan vergleichbare Gestalt im Islam ist Iblis, der zusammen mit seiner Gefolgschaft aus dem Paradies verwiesen wurde, da er sich geweigert hatte, sich vor Adam niederzuwerfen. Der Islam unterscheidet deshalb zwischen gottgetreuen Engel und aufrührerischen Teufeln. Der Koran erwähnt Magie an mehreren Stellen: In Sure 20,17 wird etwa der Stab des Moses zur Schlange, in Sure 2, 102  und Sure 27, 17 erscheinen Dämonen, die Salomon zu Diensten sind. Im islamischen Recht wird Magie (سحر / siḥr) toleriert, wenn sie keinen Schaden ausübt. Deshalb wird zwischen der weißen und der schwarzen Magie unterschieden, letztere gilt als von dämonischen Mächten beherrscht, beispielsweise durch Anrufung von Geistern und Beschwörung von Planeten. Einer der bedeutendsten religiösen Denkern des Islam, Abū Hāmid Muhammad ibn Muhammad al-Ghazālī sagte über Magie, sie beruhe auf Kenntnissen der Eigenschaften bestimmter Stoffe und astrologischer Konstellationen, die günstig seien (z. B. die Magie der Chaldäer, die auf Sterndeutung gestützt ist) . Magisches Wissen sei nicht zu verurteilen, solange es nicht dazu benutzt würde, Menschen zu schaden und Böses zu bewirken.


Bereiche, in denen Magie oder magisches Denken Einzug genommen haben, sind unter anderem die Kabbala, Tarot und der Kontakt mit Engeln. Der Astrologe, Mystiker und Alchemist John Dee (1527–1608) war der wohl bedeutendste christliche Engelsmagier. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern entwickelte er seine Engelsmagie in aller Öffentlichkeit. Daraus entstand eine ihm offenbarte Version der Henochischen Sprache. Diese wurde angeblich 1582 in London/Mortlake mittels Kristallomantie einem Medium übermittelt. Die henochische Sprache war die Sprache der Engel und bis dahin unbekannt. John Dee notierte sie nach dem Diktat des Mediums Edward Kelley (1555–1597), wenn dieser sich in Trance befand. Laut Kelley hat er die Sprache von den Engeln selbst empfangen. Sie verfügt über ein individuelles Alphabet, Wortschatz und Grammatik. Die Bezeichnung henochische Sprache stammt ab von dem biblischen Propheten Henoch, der sein okkultes Wissen direkt aus göttlicher Quelle erhielt und laut Bibel in den Himmel entrückt wurde. Es gibt neunzehn Texte in der henochischen Sprache, welche auf John Dee zurückgehen. Diese werden als henochische Rufe oder Schlüssel bezeichnet. Die henochischen Rufe wurden Edward Kelley von den Engeln selbst in langen Trance-Sitzungen übermittelt, allerdings wurden die Rufe rückwärts diktiert, um sie nicht schon während der Sitzungen zur Wirkung zu bringen. Die ersten vier Rufe wurden zusammen mit ihren Übersetzungen diktiert, die Rufe fünf bis achtzehn wurden danach diktiert, ihre Übersetzungen wurden von den Engeln erst einige Wochen später diktiert. In der Zeit zwischen der Übermittlung der letzten zwölf Rufe und deren Übersetzungen wurden die Namen der 91 „Teile der Erde“ und deren Bezüge zu Regionen der Erde übermittelt sowie die vier Tafeln der Elemente. Als Letztes wurde der Ruf der Aethyre übermittelt, daraufhin dessen Übersetzung und die Namen der 30 Aethyre. Über die Engel der 30 Aethyre findet sich in Dees Aufzeichnungen nur spärliche Informationen. Der dreißigste Aethyr soll am weitesten von Gott entfernt sein, der erste Aethyr ist ihm dann am nächsten. Der Magier Aleister Crowley hat alle Engel der Aethyre durch Visionen erschlossen, sie in seiner Vision gesehen und das Gesehene hat er in seinem Werk "Liber CDXCII - Vision and Voice"schriftlich der Nachwelt überliefert.


Thomas von Aquin hat in seiner Summa Theologiae die Engelslehre umfassend ausgeführt. Nach Thomas sind Engel immaterielle Wesen, sie bestehen aus reiner Form und besitzen keine Materie. In der Engelslehre des Dionysius Areopagita (Pseudonym) einem namentlich nicht bekannten christlichen Autor des frühen 6. Jahrhunderts und Kirchenvater, spielt die hierarchische Ordnung der Engel eine große Rolle. Die christliche Mythologie kennt neun Ordnungen: Engel, Erzengel, Mächte, Gewalten, Fürsten(tümer), Herrschaften, Throne, Cherubim und Seraphim.


Dionysius Areopagita teilte die neun Ordnungen in drei hierarchische Stufen ein:


Erste (oberste) Hierarchie

  • Seraphim
  • Cherubim
  • Throne (lateinisch throni, griechisch thronoi)


Zweite Hierarchie

  • Herrschaften (lat. dominationes, gr. kyriotetes)
  • Mächte (lat. virtutes, gr. dynameis)
  • Gewalten (lat. potestates, gr. exusiai)



Dritte Hierarchie

  • Fürsten (lat. principatus, gr. archai)
  • Erzengel (lat. archangeli, gr. archangeloi)
  • Engel (lat. angeli, gr. angeloi)
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